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Ist der Arbeitgeber verpflichtet, ehemaligen Mitarbeitern eine außerordentliche Prämie auszuzahlen?

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Im aktuellen Urteil des Obersten Gerichts vom 16. April 2024, AZ. 21 Cdo 2392/2023-128, befasste sich das Gericht mit der Frage der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in einer Situation, in der der Arbeitgeber einer ehemaligen Arbeitnehmerin keine außerordentliche Prämie ausgezahlt hat, da eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf die Auszahlung die Dauer des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt war.

Umstände des Falles

Die Arbeitnehmerin, die gemäß dem Arbeitsvertrag vom 3. August 2020 für den Arbeitgeber tätig war, hat am 25. 10. 2021 gekündigt, wodurch ihr Arbeitsverhältnis beim Arbeitgeber zum 31. Dezember 2021 endete. Im März des darauffolgenden Jahres veröffentlichte der Arbeitgeber in seinem internen Netzwerk eine Nachricht, in der er darüber informierte, dass die Mitarbeiter aufgrund der hervorragenden, im vergangenen Jahr erwirtschaften Ergebnisse der Unternehmensgruppe, zu der er gehört, eine außerordentliche einmalige finanzielle Belohnung in Höhe von 1 000 EUR (d.h. 25 000 CZK) erhalten werden.

Der Anspruch auf Auszahlung der Prämie war durch kumulierte Erfüllung zweier Voraussetzungen bedingt:

  • der/die betreffende Arbeitnehmer/in hat im Jahr 2021 mindestens 3 Monate gearbeitet, und
  • zum 31.05.2022 ist er/sie beim Arbeitgeber angestellt.

Damals reichte die ehemalige Mitarbeiterin eine Klage bei Gericht ein und forderte, ihr auch für das Jahr 2021, in dem sie noch für den Arbeitgeber tätig war, eine außerordentliche Prämie auszuzahlen. Sie argumentierte, dass es sich bei der Prämie um einen aufgrund guter Arbeitsergebnisse gewährten Lohn handele, und dass die Höhe daher nur auf der Grundlage der im § 109 Abs. 4 des Arbeitsgesetzbuchs festgelegten Kriterien hätte festgelegt werden dürfen. Diese Kriterien sind Kompliziertheit, Verantwortung und Mühsamkeit der Arbeit, Schwierigkeit der Arbeitsbedingungen, Arbeitsleistung und erzielte Arbeitsergebnisse. Die Bedingung der Dauer des Arbeitsverhältnisses zu einem vom Arbeitgeber in der Zukunft festgelegten Zeitpunkt verstoße nach Ansicht der ehemaligen Mitarbeiterin gegen die genannten Vergütungsregeln und widersprach darüber hinaus der im § 109 Abs. 1 des Arbeitsgesetzbuchs enthaltenen Regelung, wonach ein Lohn für die geleistete Arbeit gezahlt wird. Durch die Anwendung dieser Bedingung wurde die ehemalige Mitarbeiterin für vergleichbare Arbeit im Jahr 2021 nicht gleichermaßen entlohnt wie ihre Kollegen. Letztlich, so die ehemalige Arbeitnehmerin, habe der Arbeitgeber einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer und gegen die Pflicht begangen, den Arbeitnehmern für gleiche oder gleichwertige Arbeit den gleichen Lohn zu gewähren.

Der Arbeitgeber verteidigte sich damit, dass – obwohl der Anreiz für die Entscheidung zur Zahlung der Sondervergütung außergewöhnliche wirtschaftliche Ergebnisse im vergangenen Jahr gewesen sei – m der Zweck der Vergütung jedoch vor allem darin bestehe, die bestehenden Mitarbeiter zu ähnlich guten Ergebnissen und Arbeitseinsatz in der Folgezeit zu motivieren. Nach Ansicht des Arbeitgebers kann die Sonderprämie daher nicht als Lohn, sondern als eine im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis erbrachte Leistung gemäß § 224 Abs. 2 des Arbeitsgesetzbuchs charakterisiert werden. Die Regeln zur Lohnfestsetzung finden daher auf diese Vergütung keine Anwendung.

Stellungnahme des Obersten Gerichts

Das Oberste Gericht stellte fest, dass es keinen Grund gibt, warum der Arbeitgeber sich nicht für die Gewährung eines über den garantierten Lohn hinausgehenden Lohnanteils entscheiden könnte, selbst wenn diese Möglichkeit nicht im Voraus vertraglich durch eine interne Vorschrift oder durch einen

Lohnbescheid festgelegt wurde. Somit ist es nach der Auslegung des Obersten Gerichts Hoheitsrecht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmern aufgrund der erzielten wirtschaftlichen Ergebnisse eine außerordentliche einmalige Vergütung zu gewähren. Die konkrete Entscheidung, welchen Arbeitnehmern diese Prämie zuerkannt wird, liegt ausschließlich im Ermessen des Arbeitgebers. Allerdings werden dieser Überlegung Grenzen durch den Gleichbehandlungsgrundsatz gesetzt, der das Verbot einer ungerechtfertigten Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Arbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern impliziert.

Das Oberste Gericht musste sich daher die Frage stellen, ob im vorliegenden Fall ein Verstoß gegen die Pflicht des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer vorliegt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitgebers über die Gewährung der außerordentlichen Vergütung bestand zwischen ihm und der ehemaligen Arbeitnehmerin kein Arbeitsverhältnis mehr und damit auch keine gegenseitigen Rechte und Pflichten mehr. Das Oberste Gericht kam daher zu dem Schluss, dass sich die ehemalige Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Gewährung der außerordentlichen Vergütung nicht in derselben oder einer vergleichbaren Lage (Situation) befand wie Arbeitnehmer, deren Beschäftigung beim Arbeitgeber zum Zeitpunkt dieser Entscheidung sowie zum Zeitpunkt 31. Mai 2022 fortdauerte. Die Unvergleichbarkeit der Stellung der ehemaligen Arbeitnehmerin mit den jetzigen Arbeitnehmern leitete das Gericht auch daraus ab, dass die außerordentliche Vergütung den bestehenden Arbeitnehmern als Motivation für die Zukunft gewährt wurde, während für die ehemalige Arbeitnehmerin, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet war, diese Absicht unwirksam ist.

Das Oberste Gericht wies jedoch in demselben Atemzug darauf hin, dass es - wenn der Arbeitgeber einem der anderen ehemaligen Arbeitnehmer, die sich in derselben oder einer vergleichbaren Position (Situation) wie die ehemalige Arbeitnehmerin (Klägerin) befanden, eine außerordentliche Vergütung zahlen würde - zu ungerechtfertigter unterschiedlicher Behandlung zwischen vergleichbaren Subjekten in einer vergleichbaren Situation kommen könnte.

Schluss

Die oben zusammengefasste Entscheidung des Obersten Gerichts kann Arbeitgebern, die beschließen, ihre Arbeitnehmer für ihren Beitrag zu den außergewöhnlichen wirtschaftlichen Ergebnissen des Unternehmens zu belohnen, weitgehend Sicherheit geben und die Rechtssicherheit erhöhen. Aus einer übergeordneten Perspektive betrachtet, legt diese Interpretation die Grenzen für die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern fest, der zwar relativ weit zu Gunsten der Arbeitnehmer, aber nicht grenzenlos ist. Abschließend ist festzuhalten, dass – auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag, dass diese Entscheidung die Tür für die Verweigerung der Auszahlung von Sonderprämien oder (Jahres-)Boni an ehemalige Mitarbeiter öffnet – eine so eindeutige Schlussfolgerung unserer Meinung nach nicht gezogen werden kann und dass es immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängen wird. Wenn Sie sich diesbezüglich nicht sicher sind, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.